2023: Martinsscheune - Herberge für Menschen in Not e.V. in Dinklage
Der Preisbeirat von pax christi hat entschieden, den Johannes XXIII.-Preis 2023 an das Projekt Martinsscheune - Herberge für Menschen in Not e.V. in Dinklage zu vergeben.
Dieser Preis wird vom Diözesanverband pax christi Münster seit 2011 alle zwei Jahre verliehen. Er ist für Personen und Organisationen in unserem Bistum bestimmt, die im Sinne des Konzilspapstes sich für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung einsetzen und die die Grundintention der Pastoralkonstitution „Gaudium et Spes“ mit ihrem Engagement verheutigen: „Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Menschen von heute, besonders der Armen und Bedrängten aller Art, sind auch Freude und Hoffnung, Trauer und Angst der Jünger Christi. Und es gibt nichts wahrhaft Menschliches, das nicht in ihren Herzen Widerhall fände.“ (GS 1)
Das Projekt Martinsscheune ist eine Einrichtung der Benediktinerinnenabtei St. Scholastika auf Burg Dinklage. In der Zeit von 1992 bis 1997 wurde mit Hilfe von Spenden eine Scheune des alten Gutshofes als temporäre Unterkunft für Menschen ohne Wohnung umgebaut. Rechtsträger dieses Projekts ist der gemeinnützige Verein „Martinsscheune e.V. – Herberge für Menschen in Not“.
Die Gäste (so werden die Kommenden genannt) versorgen sich selbst. Die Schwestern des Klosters bieten Hilfe zur Selbsthilfe an und vermitteln, wo nötig, zu professionellen Helfer:innen. Menschen, die ohne festen Wohnsitz leben und auch weiter so leben wollen, sind genauso willkommen wie diejenigen, die ihre Lebenssituation zu verändern trachten.
Im Jahre 2022 konnte die Martinsscheune auf ihr 25-jähriges Bestehen zurückblicken. In dieser Zeit haben viele zum Gelingen des Projektes beigetragen: durch finanzielle oder materielle Unterstützung, durch ehrenamtliche Mitarbeit, durch fachliche Beratung rechtlicher, medizinischer oder sozialpädagogischer Art, durch hauspflegerische Dienste, ohne die die Begleitungs- und Betreuungsarbeit nicht hätte durchgeführt werden können.
Es ist eine Festschrift zu Pfingsten 2022 entstanden, in der 25 Jahre Projektarbeit durch 25 Erfahrungs-Geschichten reflektiert werden. Martin von Tours ist der „Schirmherr“; die Gäste, die in der Martinsscheune Aufnahme finden, sind Empfänger:innen dessen, was in der Lebensbeschreibung Martin von Tours geschildert wird; er hatte in den ersten Jahrzehnten seines Lebens keinen festen Wohnsitz; er zog durch verschiedene europäische Länder: geboren in Ungarn, aufgewachsen in Oberitalien, dann Soldat in Amiens (Nordfrankreich), sodann Mönch und Bischof. Die 25 Lebensgeschichten in der Festschrift geben eindrückliche Erfahrungen wider; sie gehen auf wahre Begebenheiten mit den Gästen zurück und berichten vom Mitgehen und von einer Weise des Teilens von Leben, die Menschsein und Menschwerdung anzielt. Die Bedeutung des Durch-Blicks (!) auf die unhintergehbare Würde eines jeden Menschen - in welcher Lebenssituation auch immer - scheint in allen Geschichten durch; ebenso all das, was von den Begleitenden durch die Begegnung mit den Gästen für sich selbst erfahren wurde.
Die Grundhaltung der Verantwortlichen in der Martinsscheune ist geprägt durch die Benediktsregel: „Und die Fremden nehme man auf wie Christus.“ Die Überschriften der Geschichten machen das deutlich: Sie lauten z.B. Der kostbare Kern // Gemeinsam unterwegs // Gesund werden // Wo gehöre ich hin? // Was ordnet das Leben? // Eine Katze als Freundin // Wofür lohnt es sich zu leben // Auf den Hund gekommen // Oben auf der Wunschliste // Es lebe die Freiheit // Von der Borderline zurück ins Leben // Wie geht Wohnen? // Von Ohnmacht und Gnade // There is a crack in everything.